Es gibt ihn immer noch: Alltagssexismus im Jahr 2025

„Das ist nichts für Frauen.“ oder „Ein richtiger Mann weint nicht!“ … diese Sätze klingen für viele vertraut. Sie wirken harmlos, beiläufig oder sogar lustig gemeint. Tatsächlich sind sie Beispiele für Alltagssexismus. Was sie gemeinsam haben: Sie festigen alte Rollenbilder, stellen bestimmte Gruppen abwertend dar und stärken Denkweisen, die wir längst hinter uns lassen wollten.

Doch obwohl der Begriff Alltagssexismus schon seit Jahren diskutiert wird, hat sich im täglichen Miteinander wenig geändert. Vor allem Frauen, queere Menschen sowie nicht-binäre und trans Personen berichten regelmäßig von Situationen, in denen sie sich herabgesetzt, belächelt oder in Rollen gedrängt fühlen, die sie nicht gewählt haben. Auch Männer erleben sexistische Herabwürdigung, etwa wenn sie emotional sind oder Care-Arbeit übernehmen.

Was ist Alltagssexismus?

Alltagssexismus beschreibt abwertende oder stereotypisierende Aussagen und Handlungen, die Menschen aufgrund ihres Geschlechts betreffen. Es sind nicht die großen Skandale, sondern die kleinen, wiederkehrenden Situationen, die ihn so wirksam machen. Häufig passiert er beiläufig, ohne Absicht, manchmal als Scherz oder mit einem vermeintlich gut gemeinten Unterton.

Typische Formen sind:

  • Kommentare ĂĽber Aussehen oder Kleidung
  • ungefragte Erklärungen oder Herabsetzungen
  • traditionelle Rollenzuschreibungen
  • doppelte Standards in Verhalten und Bewertung
  • Erwartungen an Körper, Sprache oder Verhalten

Alltagssexismus beginnt oft da, wo niemand laut wird, aber alle mit den Augen rollen. Er ist selten ein klarer Angriff, aber seine Wirkung ist real und nachhaltig.

Alltagssexismus Beispiele: So sieht er 2024 aus

1. Sexismus am Arbeitsplatz

Laut Studien von 2024 erleben 61 % der Frauen regelmäßig Mansplaining oder das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Frauen verdienen im Schnitt 18 % weniger und sind in Führungspositionen stark unterrepräsentiert – klassische Genderdiskriminierung.

2. Catcalling in der Ă–ffentlichkeit

Catcalling ist eine der häufigsten Formen von Sexismus im Alltag. TikTok-Creatorinnen wie @lilithsdiary machen es mit echten Reaktionen sichtbar. Accounts wie @catcallsofluxembourg dokumentieren Vorfälle sogar mit Straßenkreide.

Alltagssexismus ist nicht laut – aber allgegenwärtig.

3. Sexismus in der Werbung

Ob 2024er Deo-Kampagnen mit halbnackten Models oder Supermarkt-Klischees zu Muttertag und Vatertag: Sexismus in der Werbung reproduziert noch immer stereotype Rollenbilder. Dabei sind genau diese Bilder Teil des Problems.

4. KI & unbewusste Vorurteile

Auch künstliche Intelligenz zeigt inzwischen, wie tief unbewusste Vorurteile verankert sind. Fragt man ein KI-Tool nach einem CEO – kommt fast immer ein Mann. Fragt man nach einer Ärztin – erscheint oft ein sexualisiertes Bild.

5. Verhütung – immer noch Frauensache

Ob Pille, Spirale oder Temperaturmethode – in heterosexuellen Beziehungen liegt das Thema Verhütung in über 90 % der Fälle bei der Frau. Geschlechterspezifische Erwartungen und mangelnde Forschung zu Verhütungsmethoden für Männer verstärken das Problem.

6. Konsum & Pink Tax

Ob Shampoo oder Rasierer – Produkte für Frauen kosten oft mehr, obwohl sie inhaltsgleich sind. Das nennt man Pink Tax – eine stille, aber systematische Form von Alltagssexismus im Konsumverhalten.

Diese Beispiele zeigen, wie vielfältig Alltagssexismus sein kann – und wie oft er in Bereichen auftritt, die eigentlich geschlechtsneutral sein sollten. Das Schwierige daran: Viele Situationen wirken harmlos, sind aber Teil eines tief verwurzelten Systems.

Alltagssexismus ist selten bösartig gemeint – aber seine Wirkung ist real. Für Betroffene bedeutet er Stress, Unsicherheit, Unsichtbarkeit – oft täglich.

Warum Alltagssexismus so wirksam bleibt

Die Wirkung von Alltagssexismus liegt in seiner Normalität. Viele Betroffene zögern, solche Situationen anzusprechen, aus Angst als empfindlich zu gelten oder überzureagieren. Doch über Jahre hinweg führen diese Erlebnisse zu spürbaren Konsequenzen: weniger Selbstbewusstsein, weniger Teilhabe, weniger Gleichstellung. Auch Männer sind betroffen, wenn auch auf andere Weise. Wer Gefühle zeigt, wird schnell als schwach empfunden. Wer Teilzeit arbeiten will, wird hinterfragt. Die Erwartungen an Geschlechterrollen sind eng und lassen wenig Raum für Vielfalt.

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Gegen Sexismus, fĂĽr Selbstbestimmung

Was du gegen Alltagssexismus tun kannst

Alltagssexismus lässt sich nicht mit einem Knopfdruck abschaffen, aber jede und jeder kann etwas dagegen tun:

  • Beobachte dein Umfeld bewusst und achte auf diskriminierende Muster
  • Sprich an, was dich stört, freundlich, aber klar
  • Hinterfrage deine eigenen Annahmen ĂĽber Geschlechterrollen
  • UnterstĂĽtze Menschen, die sich äuĂźern oder benachteiligt fĂĽhlen
  • Verteile Aufgaben in Beziehungen gleichberechtigt
  • Reflektiere, wie du mit Kindern ĂĽber Körper, Rollen und Verhalten sprichst

Es geht nicht darum, perfekt zu sein. Es geht darum, wach zu bleiben. Veränderung beginnt im Kleinen und braucht Mut zur Selbstkritik.

Warum das Thema 2025 immer noch aktuell ist

Wir sprechen in vielen gesellschaftlichen Bereichen über Gleichstellung, Diversität und Inklusion. Doch solange es akzeptabel bleibt, über die angeblich komplizierte Technikfähigkeit von Frauen zu lachen oder von Männern zu erwarten, keine Schwäche zu zeigen, ist klar: Es gibt noch viel zu tun.

Alltagssexismus mag subtil sein, aber seine Wirkung ist strukturell. Er entscheidet darĂĽber, wer sich frei entfalten kann und wer nicht. Und er formt eine Gesellschaft, in der Gleichberechtigung zwar gefordert, aber noch nicht gelebt wird.

Und jetzt?

Alltagssexismus ist nicht laut. Er ist nicht spektakulär. Aber er ist überall. Gerade das macht ihn so wirksam und gefährlich. Wer ihn erkennt, kann ihn verändern. Wer ihn anspricht, unterbricht den Kreislauf. Und wer ihn nicht ignoriert, hilft mit, die Grundlage für echte Gleichstellung zu schaffen.

Jeder von uns hat die Kraft, diesen Wandel mitzugestalten – durch kleine Schritte im Alltag, durch ehrliche Gespräche und vor allem durch das klare Nein zu Ungerechtigkeit. Gemeinsam können wir eine Zukunft schaffen, in der Gleichstellung nicht nur ein Ziel, sondern gelebte Realität ist. Lass uns diese Verantwortung annehmen – für uns selbst und für die Generationen, die nach uns kommen.

Bildquellen: pexels-olia-danilevich-6640533, pexels-olia-danilevich-6591743


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