Transgender – Auf dem Weg zum wahren Ich

Das Geschlecht nur von den äußeren Körpermerkmalen abhängig zu machen, entspricht nicht mehr dem heutigen Standard. Denn Geschlecht und die dazugehörige Geschlechtsidentität ist vielmehr das, was jeder Einzelne empfindet und daraus macht. Vor allem, wenn das, wie jemand aussieht, nicht mit dem übereinstimmt, wie diese Person sich wirklich wahrnimmt und fühlt, führt das zu Konflikten mit sich selbst, aber auch überall im Alltag. Der Weg zum Annehmen der eigenen Geschlechtsidentität und darüber hinaus die Akzeptanz der Mitmenschen ist häufig ein sehr langer und schwieriger. Wir möchten hier gerne unterstützen und haben uns deshalb einmal genauer mit dem Thema „Transgender“ auseinandergesetzt, um für uns und für jeden einzelnen von euch mehr Klarheit zu schaffen.

Was ist Transgender?

Weil wir wissen, dass der Begriff bei vielen immer noch auf Fragezeichen stößt, wollen wir zunächst einmal genauer erklären, was der Begriff „Transgender“ überhaupt bedeutet. Denn auch, wenn die Aufklärung darüber heute schon deutlich weiter ist, als das noch vor ein paar Jahren der Fall war, ist es dennoch für viele ein komplexer Begriff, dem einer genaueren Erklärung bedarf.

„Transgender“ bedeutet, dass Menschen sich nicht mit dem Geschlecht identifizieren können, das ihnen anhand der bei ihrer Geburt vorhandenen äußeren Merkmale zugewiesen wurde. Ein trans* Mann ist demzufolge ein Mann, der bei seiner Geburt den Geschlechtseintrag „weiblich“ erhalten hat, sich aber dem männlichen Geschlecht zugehörig fühlt. Eine trans* Frau dagegen hat bei ihrer Geburt den Geschlechtseintrag „männlich“ erhalten, fühlt sich aber als dem weiblichen Geschlecht zugehörig. Zudem gibt es auch Personen, die sich als trans* Menschen bezeichnen, weil sie sich keinem der beiden Geschlechter zugehörig fühlen. Die Variationen an trans* Identitäten ist dabei sehr vielfältig und nur schwer zu definieren. Denn Geschlecht ist etwas sehr Persönliches und wird längst nicht nur durch die äußeren Körpermerkmale oder das Aussehen definiert. Stattdessen entscheidet jeder/jede selbst, wie er/sie sich sieht und empfindet.

Du wirst in diesem Zusammenhang häufig auch die Begriffe „Transgeschlechtlichkeit“ oder „Transidentität“ hören. Diese Begrifflichkeiten stehen ebenfalls dafür, dass jemand sich eben nicht dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht zugehörig fühlt.

Um für mehr Aufklärung zu sorgen, gibt es überall an vielen Orten der Welt Demonstrationen für mehr Akzeptanz all der unterschiedlichen Geschlechtsidentitäten. In diesem Zusammenhang hast du vermutlich auch schonmal die Transgender-Flagge gesehen. Diese soll für Transgender-Stolz und die Vielfalt in Bezug auf das Geschlecht stehen. Monica Helms hat sie 1999 entworfen. Sie zeigt die folgenden Farben, die alle eine bestimmte Bedeutung haben:

  • Blau: Soll fĂĽr die Männlichkeit und somit Menschen stehen, die sich als Männer identifizieren.
  • Rosa: Soll fĂĽr die Weiblichkeit und somit Menschen stehen, die sich als Frauen identifizieren.
  • WeiĂź: Soll fĂĽr Menschen stehen, die nicht-binär sind, sich also nicht als nur weiblich oder männlich sehen, auĂźerdem aber auch fĂĽr intergeschlechtliche und transitionierende Menschen, die sich also gerade in der Geschlechtsangleichung befinden.

Es gibt noch mehr Flaggen, wie beispielsweise die sehr bekannte Regenbogenflagge, die ebenfalls ein wichtiges Symbol der Pride-Bewegung darstellen. Seit die Transgender-Flagge 2000 das erste Mal bei einer CSD-Parade in Phoenix, Arizona (USA) verwendet wurde, ist sie sehr bekannt und ein wichtiges Symbol der gesamten Bewegung. Denn der Weg zum wahren Ich ist fĂĽr trans*Menschen nicht immer leicht.

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Trans Menschen nach vorn – fĂĽr mehr Sichtbarkeit und Respekt

Die Schwierigkeiten einer Transidentität

Wer sich in seinem eigenen Körper wohlfühlt, sich also mit dem Geschlecht, das ihm/ihr bei Geburt zugewiesen wurde, identifiziert, kann sich nur schwer vorstellen, welche Schwierigkeiten/Konflikte man haben kann, wenn man trans* ist. Denn während du dir sicher bist, wer du bist, können das andere vielleicht nicht. Sie sehen ja nicht dementsprechend aus, wie sie sich fühlen. Fühlst du dich beispielsweise als Mann, steckst aber im Körper einer Frau, wirst du mit „sie“ angesprochen, als eine Freundin vorgestellt und musst auf die Damentoilette gehen, um nur einige Beispiele zu nennen. In all diesen Situationen gerätst du in einen inneren Konflikt, denn du identifizierst dich nicht mit dem weiblichen Geschlecht, kannst das aber nicht so einfach ausleben. Das alles kann den Prozess der Identitätsfindung und den Schritt zum öffentlich bzw. sichtbar machen der wirklichen Geschlechtsidentität sehr schwierig machen.

Bist du mit dir selbst im Reinen und entscheidest dich dafür, dich dem Geschlecht entsprechend zu kleiden, dem du dich persönlich angehörig fühlst, kann das ebenfalls wieder auf Missverständnisse und sogar Unmut stoßen. Dennoch beschreiben die meisten trans* Menschen diesen Schritt des Öffentlich Machens als sehr befreiend. Sie sind danach nämlich endlich mit sich und ihrem Körper im Einklang und können so in die Geschlechteridentität schlüpfen, die ihrem Selbstbild entspricht.

Transgender kann dann im nächsten Schritt auch bedeuten, geschlechtsangleichende OPs vornehmen zu lassen und eine Hormontherapie zu machen. Was hier genau möglich ist, erklären wir dir im nächsten Absatz.

Transgender – Möglichkeiten auf dem Weg zum wahren Ich

Das Gefühl anders zu sein, haben trans* Menschen meist schon früh. Doch bevor dies auch äußerlich sichtbar wird oder sogar geschlechtsangleichende Maßnahmen vorgenommen werden, ist es meist ein weiter Weg. Denn zunächst muss die betroffene Person erst einmal selbst das eigene wirkliche Geschlecht akzeptieren und annehmen. Sobald die Geschlechtsangleichung sich auch im äußeren Erscheinungsbild zeigt, spricht man von einer Transition. Diese dauert meist mehrere Jahre und zeigt sich zunächst im Verändern des äußeren Erscheinungsbilds, aber auch in Aspekten sozialer Veränderungen und auch in rechtlichen und medizinischen Schritten. Rechtlich gesehen, bedeutet das beispielweise die Anpassung des Geschlechts auch im Ausweis oder eine Namensänderung. Medizinisch sind hier eine Hormontherapie und eine geschlechtsangleichende OP möglich:

  • Die Hormontherapie: Durch eine Hormontherapie sollen bei trans* Menschen Veränderungen herbeigefĂĽhrt werden, die mit dem sich selbst zugewiesenen Geschlecht assoziiert werden. Dabei nehmen trans* Frauen Ă–strogene ein und trans* Männer Testosteron. Bei trans* Frauen soll es durch die Einnahme von Ă–strogenen zu Brustwachstum, einer Fettverlagerung auf HĂĽften, Oberschenkel und Gesäß, weichere Haut, RĂĽckgang der Muskelmasse und eine weniger dichte Körperbehaarung kommen. Bei trans* Männern soll Testosteron zu einer tieferen Stimme beitragen, das Bart- und Körperhaarwachstum fördern, das Fett von HĂĽften und Oberschenkeln eher an den Bauch verlagern, das Muskelwachstum anregen und die Menstruation stoppen.

Neben den körperlich sichtbaren Veränderungen berichten viele trans*Menschen, die sich einer Hormontherapie unterzogen haben, dass es auch zu psychischen Veränderungen und einer Verbesserung der Lebensqualität kommt. Denn die Hormontherapie führt zu einem stärkeren Einklang zwischen dem Körper und der wahrgenommenen Geschlechtsidentität.

  • Die geschlechtsangleichende OP: Wie der Name schon sagt, werden bei einer geschlechtsangleichenden OP die körperlichen Merkmale entfernt, die nicht zum persönlich empfundenen eigenen Geschlecht passen. Das bedeutet, dass bei einer Operation von Mann zu Frau die Hoden (Orchiektomie), der Schwellkörper (Penektomie) und die Harnröhre entfernt werden, stattdessen eine Neovagina geschaffen (Vaginoplastik) und die Klitoris und die Schamlippen neu geformt werden (Klitoroplastik und Labienplastik). DarĂĽber hinaus kann eine Brust-OP und die Entfernung der inneren Geschlechtsorgane bei der geschlechtsangleichenden Operation von Mann zu Frau vorgenommen werden.

Und bei einer Operation von Frau zu Mann wird die Vagina (Vaginektomie) entfernt. Alternativ kann die Scheide bei einer sogenannten Kolpektomie auch nur verschlossen werden. Es werden der Penis und der Hoden nachgebildet und die Harnröhre neu positioniert. Dies kann entweder durch eine Hodenprothese passieren, durch eine Metaidoioplastik, bei der die Klitoris vergrößert und so neu positioniert wird, um einen Penis nachzubilden oder es kann eine Phalloplastik vorgenommen werden, bei der ein Penis aus Hauttransplantaten aufgebaut wird. Optional auf Wunsch kann es außerdem zu einer Masektomie, der Entfernung der Brust, kommen.

Ob bei der Hormontherapie oder auch einer geschlechtsangleichenden OP, in beiden Fällen sind einige Hürden im Voraus zu nehmen. Denn erst nach einer Beurteilung durch einen Psychiater und einer ausreichenden Aufklärung durch Ärzte können diese meist irreversiblen Maßnahmen durchgeführt werden. Denkst du darüber nach, geschlechtsangleichende Maßnahmen vornehmen zu lassen, denke gut darüber nach und informiere dich ausreichend, welche Folgen das für dich haben kann. Auch ein Austausch mit anderen ebenfalls Betroffenen kann hier hilfreich sein. In dieser Orientierungshilfe von TransInterQueer e.V. findest du viele wichtige Informationen, die wir dir hier gar nicht alle an die Hand geben können.

Natürlich entscheidet jede/r ganz individuell, wie weit die Geschlechtsangleichung für sie/ihn sein soll. Den einen reicht es, sich wie das wirkliche Geschlecht zu kleiden, andere möchten sich voll und ganz als das Geschlecht sehen, als das sie sich empfinden. Auch hierbei gilt die Individualität als besonders wichtig. Doch ganz egal, welchem Geschlecht du dich zugehörig fühlst, am wichtigsten ist, dass du dich in deinem Körper wohlfühlst ♥

Bildquellen: pexels-polina-tankilevitch-7391174, pexels-intitupac-5412535

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