Tinder hat Dating gekillt – und keiner merkt’s

Vielleicht hast du es selbst schon bemerkt: Das moderne Dating auf Apps wie Tinder fühlt sich nicht mehr so wirklich nach echtem Kennenlernen an. Stattdessen geht es immer öfter nur noch ums endlose Swipen – schnell nach rechts, wenn’s passt, schnell nach links, wenn’s nicht passt. Dieses Verhalten hat sogar einen eigenen Namen bekommen: Doomswipen.

Doch was genau verbirgt sich dahinter? Doomswipen passiert, wenn du eigentlich auf der Suche nach einer echten Verbindung bist, aber stattdessen nur durch eine endlose Flut von Profilen scrollst, ohne wirklich eine Entscheidung zu treffen. Und das begleitet von einem frustrierenden Gefühl. Das ständige Hin- und Herswipen wird zur Gewohnheit, und am Ende fühlt sich das Ganze eher wie eine Pflicht als wie ein Vergnügen an.

Was ist „Doomswiping“ nochmal?

Unter dem Begriff „Doomswiping“ versteht man ein zielloses und häufig exzessives Wischen auf Dating-Apps, ohne sich dabei wirklich für die Personen hinter den jeweiligen Profilen zu interessieren. Es geht dabei weniger darum, eine/n potentielle/n Partner/in zu finden, statt vielmehr um das Vertreiben von Langeweile und einen Unterhaltungseffekt. Der Begriff setzt sich aus den Worten „Doom“ (Untergang, Verderben) und „Swiping“ (Wischen) zusammen. Viele Nutzer rechnen hier schon vorab mit schlechten Profilen und fehlgeschlagenen Matches, swipen aber trotzdem aus Angst vor der Einsamkeit weiter. Leider hat das auf die Nutzer/innen solcher Dating-Apps und somit eine ganze Generation nachweislich negative Auswirkungen.

Sind Dating-Apps also schlecht für unsere Beziehungen?

Statt dem eigentlichen Ziel von Dating-Apps, Menschen zusammenzubringen und der Einsamkeit entgegenzuwirken, zeigt sich in der letzten Zeit eher, dass der Gebrauch von Dating-Apps sogar negative Auswirkungen haben kann. Zu Beginn sind Dating-Apps häufig aufregend und die Schnelligkeit, mit der über sie soziale Kontakte hergestellt werden können, überzeugt zunächst viele Nutzer. Neue Leute kennenlernen und mögliche zukünftige Partner daten – das scheint erst einmal nur positive Effekte zu haben. Doch auf längere Sicht haben Dating-Apps erwiesenermaßen auch viele Nachteile:

  • Einsamkeit, Angst und Depressionen: Gegensätzlich zum eigentlichen Ziel von Dating-Apps können diese sogar zu mehr Einsamkeit und psychischen Problemen wie Angst und Depression beitragen.
  • Feste Beziehung nur eine Illusion? Das ständige Swipen und viele erfolglose Dates können zur Desillusionierung, was das Thema feste Beziehung angeht, führen. Viele Nutzer berichten in diesem Zusammenhang sogar von einem Burnout.
  • Du verlierst dein Selbstwertgefühl: Der ständige Vergleich mit anderen Profilen kann zu einem geringeren Selbstwertgefühl beitragen.
  • Belästigungen und Cyber-Mobbing: Auch Cyber-Mobbing und Belästigungen werden immer wieder als negative Auswirkungen von Dating-Apps beobachtet.
  • Ständig auf der Suche nach potenziellen „Matches“: Für viele Nutzer wird es irgendwann beinahe zu einer Sucht, immer weiter nach möglichen „Matches“ zu suchen.
  • „Ghosting“ und Ablehnung: Dating-Apps sorgen für ein schnelles Kennenlernen, doch diese Schnelligkeit und auch die Fülle an potenziellen Partnern, erhöhen auch das Risiko von „Ghosting“ und damit das Gefühl von Ablehnung.

Die Psychiatric Times hat hierzu im Jahre 2024 sogar eine ausführliche Studie veröffentlicht, in der die negativen Auswirkungen noch genauer aufgeführt sind. Die Studie zeigt auch einige Lösungsmöglichkeiten auf, darunter auch der Appell an die Dating-App-Betreiber, die Algorithmen und Praktiken von Dating-Apps so zu ändern, sodass sinnvollere und sicherere Interaktionen möglich sind. Und tatsächlich zeichnet sich bereits ein Wandel in der sogenannten Generation Z (zwischen 1995 und 2010 geborene Personen) und bei den Dating-App-Betreibern ab.

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Wenn der Swipe zum Alltag wird und echte Nähe auf der Strecke bleibt

Erfahrungen aus dem Swipe-Alltag

Viele Nutzer/innen erzählen ähnliche Geschichten. Da ist zum Beispiel Luisa, 29, die nach zwei Jahren intensiver App-Nutzung beschlossen hat, Tinder zu löschen. „Irgendwann war es nur noch Routine“, erzählt sie. „Ich hab abends geswipet wie andere durch Instagram scrollen. Ohne wirkliches Interesse, ohne Energie.“ Sie beschreibt das Gefühl, ständig in einer Schleife zu hängen: Matches, belanglose Chats, Dates, die sich wie Bewerbungsgespräche anfühlten – und am Ende: nichts.

Auch Tim, 32, hat sich bewusst für eine Pause entschieden. Für ihn war der emotionale Druck irgendwann zu groß. „Ich war gar nicht mehr ich selbst beim Schreiben oder Treffen“, sagt er. „Ich hab mir irgendwann mehr und mehr eingeredet, ich sei einfach zu wählerisch oder nicht attraktiv genug.“ Erst als er die Apps deinstallierte, merkte er, wie sehr sie ihn beeinflusst hatten auch in Bezug auf sein Selbstbild.

Was beide vereint: Der Wunsch nach echter Verbindung. Nach Gesprächen, die nicht mit „Was machst du so?“ beginnen, sondern Konversationen mit echtem Interesse. Nach Dates, die nicht durch ein Display vermittelt werden, sondern durch einen Blick, ein Lachen und ein Gefühl.

Kommt jetzt der Wandel im Dating-Wahnsinn?

Die negativen Auswirkungen können, wie oben beschrieben, enorm sein. Doch schon jetzt lässt sich ein Wandel bei der Generation Z beobachten, der wieder mehr zu echten Begegnungen hindeutet. Auch die Verantwortlichen hinter den Dating-Apps haben das mittlerweile erkannt:

  • Die Zahl der Dating-App-Nutzer/innen sinkt

Die Popularität von Dating-Apps stieg über viele Jahre stark und kontinuierlich. Vor allem auch die erzwungene soziale Distanzierung in Zeiten von Corona verstärkte diesen Trend nur noch. Doch laut diesem Artikel zeichnet sich hier schon seit 2023 ein Wandel ab. Dating-App-Betreiber sind besorgt. Eine Axios/Generation-Lab-Umfrage unter US-Studierenden aus dem Jahr 2023 bestätigt den Rückgang der Nutzung von Dating-Apps vor allem in der Generation Z, der Kernzielgruppe von Dating-Apps. Diese Generation scheint sich also lieber wieder im realen Leben zu treffen, statt über Dating-Apps mögliche Matches zu suchen.

  • Tinder launcht neue Funktionen

Tinder hat bereits versucht, mit „Tinder Matchmaker“ (damit können Freunde und Familie bei der Partnersuche helfen) und „Share My Date“ (einer Funktion, um Informationen zum Date mit anderen zu teilen) das Date-Erlebnis geselliger zu machen und Familie und Freunde in den Dating-Prozess mit einzubeziehen. Nun launcht das Dating-App-Unternehmen mit „Double Date“ nun eine weitere Funktion, die das Daten stressfreier und sozialer machen soll. Man kann sich dabei mit bis zu drei Personen (Freunde/Freundinnen) zusammentun, und sich gemeinsam mit anderen Paaren als eine Art Gruppenerlebnis daten. Zwar ist die Funktion noch neu, doch die Reaktionen sind bislang überwiegend positiv. Vor allem die oben bereits erwähnte Generation Z scheint sie laut bisherigen Erfahrungen gut anzunehmen.

  • Der Wunsch nach echten Begegnungen

Vor allem die jetzt schon mehrmals erwähnte Generation Z trifft sich wieder lieber im wahren Leben, statt dies nur online zu tun. Begegnungen bei ausgeübten Hobbies, im bestehenden Freundeskreis oder bei gesellschaftlichen Veranstaltungen sind wieder beliebter und werden gegenüber den Möglichkeiten, online zu kommunizieren, wieder bevorzugt.

Weniger Wischen (swipen), wieder mehr echte Begegnungen und somit das Schaffen von wirklicher Nähe untereinander: Auch wir bei pjur würden uns das wieder für alle wünschen! Deshalb unser Appell an dich: Triff dich wieder direkt mit anderen Menschen, lernt euch im wahren Leben kennen und geht dabei immer respektvoll miteinander um!

Was sind deine Erfahrungen beim Thema „Daten“? Nutzt du noch Dating-Apps oder bist du schon wieder unter diejenigen gegangen, die sich einfach nur im realen Leben kennenlernen und zum Date verabreden? Vielleicht warst du sogar noch nie auf Dating-Apps unterwegs. Schreib uns deine Erfahrungen auf Instagram @pjurlove ♥

Bildquellen: pexels-cottonbro-7341892, pexels-cottonbro-6833565

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